You was there for me, now I'll will be brave and strong for You

"Vorsicht, bitte.." Mit vier Bechern Wasser schob sich Helene an den Sitzenden vorbei. Sie hatte ihren Platz zwischen Laura und Luna in der ersten Reihe ihres gewohnten Blocks auf der Osttribüne des Emirate-Stadions.  Ein Spiel gegen den  Stadtrivalen war immer etwas Besonderes und auch heute Abend war die Stimmung unter den Fans gereizt und immer wieder gerieten die Fans der Gunners mit den Fans des Stadtrivalen lautstark aneinander - und das schon vor dem  Anpfiff.  Diesen hatte Helene allerdings versäumt, während sie am Stadionkiosk angestanden hatte.  Sie vermutete sogar, dass sie das erste Tor des Abends bereits nicht hatte sehen können - so schnell war es gefallen. "Du hast nicht viel versäumt. An dem Tor war nicht Martin beteiligt, sondern die Vorlage kam von Rice - und Leo hat dann das Tor gemacht."  Laura war unüberhörbar stolz auf ihren Mann, gönnte  aber auch Declan Rice den Szenenapplaus in der vierten Minute von Herzen. Für Luna, die wohl zum ersten Mal ihren Freund Declan Rice im Stadion unterstützte, war diese Szene vermutlich ein Hochgenuss gewesen. "Also doch etwas verpasst. " Helene verteilte die Becher auf Laura, Luna und Lorena, die auf Lunas anderer Seite saß. Hinter ihr bahnte sich Daniel Arteta einen Weg durch die Fans. "Ah, jetzt ist Chelsea endlich aufgewacht.. " Zwei Hereingaben wurden von Spielern Chelseas verpasst und in der 22. Minute gelang Declan ein Torschuss, der jedoch das Tor knapp verfehlte.  Zeit das zu bedauern hatte Luna nicht, denn nahezu im direkten Anschluss fälschte Gabriel einen Schuss ab, so dass der Ball so gerade eben von der Latte abprallte.  Das war offenbar ein Aufreger, denn zahlreiche Fans beider Mannschaften gingen verbal aufeinander los. Es gab gelbe Karten und zu Lunas Verwunderung sah sogar einer der Trainer die gelbe Karte. "Gibt's das? Ich meine, eine gelbe Karte für einen Trainer? Der spielt doch gar nicht mit." Luna empfand das als ungerecht, wurde aber schnell von Lorena eines Besseren belehrt. "Tja, da ist Mikel das spanische Temperament zum Verhängnis geworden, schätz' ich.  Es sah doch so aus, als ob er seinem Ärger gegenüber dem Schiedsrichter Luft gemacht hat. Das wird dann schon mal zum Stein des Anstoßes." Luna errötete und beugte sich nach vorne, um ihre Verlegenheit zu vertuschen. Sie hatte erst jetzt verstanden, dass Mikel Arteta der Trainer Arsenals war und Lorena dessen Frau. "Der hat sich aber auch aufgeregt - dabei war da nichts, oder?" Helene zuckte mit den Achseln. "Ich habe nichts gesehen, was derartige Aufregung wert gewesen wäre, aber.. Nun, ja - ich kann ja später Martin fragen. Vielleicht hat er mehr gesehen, hat ja eine andere Perspektive auf die Szene."  "Sie meinen Ødegaard? Als ob der sich ansprechen ließe.."  Ein Fan hinter ihnen hatte offenbar ihr Gespräch verstanden. "Oh, Von mir schon." Helene schmunzelte vielsagend und deutete auf die Unterschrift auf ihrem Fantrikot, wobei sie schon wert darauf legte, dass es genau das nicht war. Nein, es war ein echtes Heimtrikot Martins mit seiner Unterschrift. Das sollte doch auch dem Fan hinter ihr deutlich machen, dass sie eine besondere Verbindung zum Kapitän Arsenals hatte. "Da packt mich ja der blanke Neid. Ob Declan  mir auch eines unterschreibt?"  Lunas Frage war von warmem Lachen begleitet. Sie nahm es Declan ganz bestimmt nicht übel, dass er ihr bis heute weder eines seiner Trikots überlassen hatte noch ein Fantrikot für sie unterschrieben hatte. "Bestimmt - vielleicht nach Abpfiff, falls er Dich überhaupt unter den vielen Fans entdeckt."  Helene staunte unübersehbar noch immer darüber, dass Martin sie damals unter Hunderttausenden entdeckt hatte. Allerdings hatte sie ihre grüne Jacke getragen und war dadurch aufgefallen, wie die schwarze Kuh auf dem Eis. "Jetzt werden die aber ruppig da unten. Nein.. Das ist doch nicht wahr!" Lauras Ausruf bezog sich ganz offensichtlich nicht auf das Spielgeschehen, sondern auf die Coca-Cola, die sich über ihre Jeans ergossen hatte. Bei seiner Hampelei hatte Thiago ihr versehentlich den Becher aus der Hand geschlagen. "Tut mir Leid, Mama.. Ich bin so aufgeregt." "Schon gut.. Es trocknet ja wieder - und Amadeo hat nichts abbekommen." "Soll ich ihn Dir abnehmen, damit Du wenigstens versuchen kannst, die Jeans trocken zu bekommen?" Helene streckte ihre Arme nach dem Baby aus, dass Laura ihr nach kurzem Zögern anvertraute.  "Danke, so etwas Dummes.  Thiago - Du bleibst hier, ja? Du bleibst bei Lorena und rührst Dich nicht vom Fleck, bis ich wieder komme."  Mit ermahnenden Worten erhob Laura sich und strebte von der Tribüne weg auf die Damentoiletten zu. Dort, so hoffte sie wohl, würde sie die Jeans vom Handfön trocken blasen lassen und konnte zur Not noch mit Papiertüchern nachhelfen. Gerade eben war sie unter den aus den Tribünen strömenden Menschen aus dem Blickfeld Lunas verschwunden, als der Pausenpfiff ertönte. Also, keine weiteren Tore mehr in der ersten Halbzeit. Luna nutzte die Halbzeitpause, um Declan mitzuteilen, dass sie im Stadion war. Das wusste er womöglich noch gar nicht und sie hoffte natürlich, dass er sich nach dem Spiel noch mit ihr treffen konnte und wollte.  Erst vor dreizehn Tagen war es ihnen endlich gelungen, sich ihre Gefühle gegenseitig einzugestehen und doch fühlte es sich für sie an, als seien sie schon sehr viel länger ein Liebespaar.  Andererseits klopfte Ihr Herz  wie verrückt, so Declan in ihrer Nähe war und sein Lächeln vermochte ihr noch immer den Atem zu rauben. "In der Halbzeitpause sind die in der Kabine, oder?" Luna war sich ziemlich sicher, dass das in der Premierleague genau so geregelt war, wie in der Bundesliga. Es würde weder ihr noch Declan gelingen, den Kontakt zwischen ihnen bereits in der Pause herzustellen. "Ist der süß.."  Amadeos Lächeln ließ nicht nur ihr sondern auch Helenes  Herz aufgehen. Ob ich jemals mit Jude hier sitzen werde? Oh, nein.. vielleicht ist er ja längst hier irgendwo mit seiner Mutter.. Das war ein Gedanke, der Luna überhaupt nicht gefallen wollte.  Sie wollte Declans Aufmerksamkeit nach dem Spiel nicht mit seiner Ex-Freundin teilen müssen - und auch nicht mit Jude, so sie ehrlich war.  Die Halbzeitpause war schneller rum, als ihr lieb war, so dass diesmal sie diejenige war, die die ersten Minuten der zweiten Halbzeit verpasste. An den Toiletten stand sie lange an und so verpasste sie den einen oder anderen Angriff und vermasselte Torchancen Chelseas. Das allerdings bedauerte sie nicht in Anbetracht der Grobheiten, die sich die Spieler des Stadtrivalen gegenüber den Gunners herausnahmen. Immer wieder forderten die Fans Gelbe Karten - und das auf beiden Seiten. Es war schließlich Kai Havertz, der nach einer gelungenen Vorlage von Martin das ersehnte dritte Tor erzielte.   Kaum Jemanden hielt es auf den Sitzen - so spannend wurde das Spiel nun. Längst war Laura mit halbwegs trockener Jeans zurück und hatte Amadeo wieder im Arm, als  auf dem Platz große Unruhe entstand. Einer der Spieler Chelseas stieg so hart ein, sein Gegenspieler zu stürzte. Im Fallen riss er seinen Angreifer mit zu Boden. Rufe der Empörung wurden laut, der Schiedsrichter zeigte dem am Boden liegenden Spieler die Gelbe Karte und wurde vom Publikum dafür ausgepfiffen. Vergeblich versuchte der Schiedsrichte die beiden am Boden miteinander Ringenden zu trennen." Der Spieler Chelseas ließ nicht ab von dem am Boden Liegenden, sondern nahm ihn sogar in den Würgegriff. "Was ist denn da los?" "Der hält ihn im Würgegriff.."Immer mehr Fans äußerten ihren Ärger oder Besorgnis, stellten Theorien auf, erfuhren aber vom Stadionsprecher keine Einzelheiten. . "Er muss doch loslassen.. Rice bekommt ja keine Luft mehr.." Diese Bemerkung eines Fans veranlasste Laura dazu, Thiago sich selbst zu überlassen und nach Leo Ausschau zu halten. Unisono atmeteten Helene und Laura erleichtert auf, denn sowohl Leo als auch Martin standen noch aufrecht auf der Wiese. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Martin versuchen würde, zu intervenieren. In der Coauchingzone machte Mikel seinem Ärger durch Auf- und Abgehen Luft und versperrte die Sicht. "Rice, das kann nur Rice sein." Einer der Jungs Artetas kam zu dem Schluss, weil er Declan nicht mehr entdecken konnte. Luna Herz macht einen Satz als sie das Erkennen wie ein Blitz traf. "Das ist Declan, oh, Gott.. " Mit einem Satz war sie auf den Beinen und noch bevor Helene sie aufhalten konnte, war sie bereits an diversen Zuschauerbeinen vorbei gerannt Sie erreichte die Absperrung und noch bevor die Ordner begriffen, was auf den Tribünen und Gängen vor sich ging, war Luna über die Absperrung geklettert.  "Declan!" Die Angst um ihren Freund gemischt mit gegen den Spieler Chelseas verengte ihren Focus, so dass sie nur noch einen Blick für Declan hatte. Dem ihr folgenden Ordner gelang es nicht, sie einzuholen und Bukayo Saka, den sie immerhin kannte, war so verblüfft, dass er ihr nur hintersehen konnte. Von der anderen Seite der Wiese stürmte Gabriel Jesus auf den Ort des Geschehens zu. Ordner versuchten vergeblich, den wütenden Stürmer oder Luna aufzuhalten.   Es war das reinste Chaos auf der Wiese, dass sich über die irritierten Spieler auf dem Feld hinaus über die Tribünen fortsetzte. Rufe nach einem Ablösen des Schiedsrichters wurden laut und die empfundene Ungerechtigkeit, dass Rice statt des Angreifers gelb gesehen hatte, sorgte dafür, dass wieder Fans aneinander gerieten. Die Ordner hatten nun alle Hände voll zu tun, für Ruhe und Ordnung auf den Tribünen zu sorgen, so dass ein Eingreifen auf dem Platz ihnen nicht möglich war.
Lunas Herz pumpte und ihre Oberschenkel schmerzten, aber sie rannte, als ginge es um ihr Leben. Gleichzeitig sah sie mit Entsetzen, wie Declan verzweifelt versuchte, sich aus dem Würgegriff zu befreien. Ihm drohte die Luft auszugehen, als sie in gleicher Höhe mit Gabriel neben ihm abrupt abbremste. Was sollte, durfte oder konnte sie überhaupt tun?